Viele Autoren beschreiben die Verhaltenstherapie (VT) als Methode, die gezielt Symptome psychischer Störungen behandeln und die Handlungsfähigkeit des Patienten erweitern soll. Tiefergehende Selbsterkenntnis oder das Erkunden unbewusster seelischer Vorgänge sind dabei nicht zentral. (Unterschied zur Tiefenpsychologie.) Verhaltenstherapeutische Techniken sollen dem Klienten eine bessere Selbstregulation ermöglichen. Charakteristisch für die Verhaltenstherapie ist die Konzentration auf gegenwärtige statt auf vergangene Handlungsursachen, ohne frühere Erfahrungen in der Analyse der Problementstehung zu vernachlässigen. Somit liegt der Schwerpunkt auf beobachtbarem Verhalten und dessen Veränderung.
Die Verhaltenstherapie unterscheidet sich von der Tiefenpsychologie u.a. durch folgende Annahme: Es wird davon ausgegangen, dass Verhaltensweisen erlernt und auch wieder verlernt werden können.
Daraus folgt, dass problematisches Verhalten in erster Linie als Ergebnis von Lernprozessen gesehen und durch die Verwendung von Verhaltens- und Lernprinzipien verändert werden soll.
Vorgehen
Im Anschluss an eine Verhaltensanalyse werden Behandlungsstrategien individuell auf die Probleme des Patienten angepasst. Um Veränderungen zu bewirken, ist es in der VT nicht zwangsläufig notwendig, die Ursprünge des psychischen Problems genau zu ergründen. Gerade bei gut definierten, weniger komplexen psychischen Störungen zeigt sich eine gute Wirksamkeit.
Die Verhaltenstherapie setzt eine aktive Mitarbeit voraus. Die Patienten bekommen Hausaufgaben in Form von Übungen im Alltag, Umgang mit Plänen, Arbeiten mit digitalen Gesundheitsapps, Aneignung von störungsspezifischem Wissen über Podcasts und Büchern etc.
Indikation
Verhaltenstherapeutische Methoden werden heutzutage bei vielen psychischen Störungen und psychosomatischen Erkrankungen eingesetzt. Nach dem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates Psychotherapie der deutschen Bundesregierung, der gemäß § 8 PsychThG eingesetzt wurde, kann Verhaltenstherapie indiziert sein bei:
- Abhängigkeiten von psychotropen Substanzen (z. B. Alkoholabhängigkeit)
- (teil)remittierten psychotischen Erkrankungen (u. a. Schizophrenie) und wahnhaften Störungen
- affektiven Störungen (z. B. Depression)
- Angststörungen (z. B. Agoraphobie, Spezifische Phobien, Soziale Phobie, Panikstörung)
- Zwangsstörungen
- Belastungsstörungen (z. B. Posttraumatische Belastungsstörung)
- Dissoziativen, Konversions- und somatoformen Störungen
- Essstörungen (z. B. Anorexia nervosa, Bulimia nervosa)
- Persönlichkeitsstörungen (z. B. Borderline-Persönlichkeitsstörung)
- psychosomatischen Erkrankungen (z. B. Spannungskopfschmerz, Bluthochdruck, Tinnitus)